Kardiologie Updates 2016

Eine Zusammenfassung einiger Neuigkeiten vom Internisten Update 2016 Kardiologie:

Nach bisher fehlendem Nachweis einer günstigen Beeinflussung kardiovaskulärer Endpunkte für Ezetimib konnte die IMPROVE-IT Studie nach Einschluss von 18.144 Patienten einen statistisch (klinisch?) signifikanten Unterschied in der kardiovaskulären Morbidität nachweisen, mit einer NNT=50 bei einer Behandlungsdauer von 7 Jahren. Dabei war das Einschlusskriterium ein LDL-Spiegel zwischen 50 und 100 mg/dl unter Therapie mit einem Statin, bzw. zwischen 50 und 125 mg/dl ohne Therapie sowie ein Alter von mindestens 50 Jahren. Vorangegangen war ein akutes Koronarsyndrom. Der primäre Endpunkt setzt sich zusammen aus kardiovaskulärem Tod, Myokardinfarkt, instabiler Angina pectoris mit erneuter Hospitalisation, koronarer Revaskularisation oder einem nicht-tödlichen Schlaganfall.

Für Alirocumab konnte eine günstige Beeinflussung kardiovaskulärer Endpunkte in explorativen Analysen gezeigt werden. Alirocumab zeigte so eine geringe Verminderung kardiovaskulärer Ereignisse (bei Therapie mit 150 mg s.c. alle 2 Wochen) über 78 Wochen um 1,7% vs. 3,3% (NNT=62 bei einer Therapiedauer über 6,5 Jahre!). Einschlusskriterien war eine heterozygote familiäre Hypercholesterinämie, oder eine KHK bzw. ein Risikoäquivalent bei einem LDL ≥ 70 mg/dl. Der mittlere LDL-Spiegel betrug vor Studienbeginn ca. 122 mg/dl.

Evolocumab zeigte in der Osler Studie ebenfalls bei Patienten mit einem mittleren LDL von 120 mg/dl eine Reduktion kardiovaskulärer Endpunkte von 2.1% vs. 0.9% über ein Jahr (NNT=83 über 1 Jahr).

Für alle neuen oralen Antikoagulanzien gibt es nun auch Antagonisierungsmöglichkeiten: Andexanet-alfa für die Faktor-Xa Inhibitoren und Idarucizumab für Dabigatran.

Für Patienten mit einer EF < 40% konnte eine deutliche Überlegenheit einer erweiterten Pulmonalvenenisolation gegenüber einer Therapie mit Amiodaron in der AATAC-AF-Studie gezeigt werden, die Mortalität verringerte sich von 18% auf 8% über 2 Jahre Beobachtungszeit.

Notfallmedizin Updates

Die wichtigsten Ergebnisse vom Internisten Update 2016 aus der Notfallmedizin:

    • Die Ergebnisse der AVOID-Studie legen einen vorsichtigeren Umgang mit Sauerstoff bei Patienten mit STEMI nahe. Prähospital wurde bei einer SpO2 von 94% unter Raumluft randomisiert 8 l O2 über die Maske gegeben oder nicht. In der Gruppe mit Sauerstoffgabe war die postinterventionelle CK höher, die Anzahl der Remyokardinfarkte höher (5,5% vs. 0,9%), es kam zu mehr intrahospitalen Herzrhythmusstörungen (40% vs. 31%) und das Kardio-MRT nach 6 Monaten zeigte eine größere Infarktgröße.
    • Die SIRS-Kriterien sind abgeschafft als notwendiges Element einer Sepsisdiagnose: Nach der 3. Sepsis Definition ist eine Sepsis eine lebendsbedrohliche Organdysfunktion als Fehlantwort des Körpers auf eine Infektion mit Anstieg des SOFA-Score um ≥ 2 (auf der Intensivstation) bzw. Vorhandensein von mindestens 2 von 3 Kriterien (in der Notaufnahme):
      • Atemfrequenz ≥ 22
      • Veränderte Kognition infolge der Sepsis (entsprechend GCS < 15)
      • Systolischer Blutdruck ≤ 100 mmHg

      Ein septischer Schock ist definiert als Sepsis mit der Notwendigkeit einer kontinuierlichen Vasopressorengabe um den arteriellen Mitteldruck auf ≥ 65 mmHg zu halten und einem Serumlaktat von > 2 mmol/L in der Abwesenheit einer Hypovolämie.
      Dabei helfen die SIRS Kriterien weiter als Hinweisgeber auf eine mögliche Infektion als Ursache einer Erkrankung (z. B. Fieber, Leukozytose usw.)

 

Gastroenterologie 2016

Einige kurze Neuigkeiten vom Internisten Update 2016 zur Gastroenterologie:

  • In der LEAN-Studie (Phase 2 an jeweils 26 Patienten) zeigte sich in der Liraglutid Gruppe bei Therapie mit 1,8 mg s.c. über 48 Wochen eine verbesserte histologische Remission (39% vs. 9%) einer Nicht-alkoholischen Steatohepatitis. Die Progression zur Fibrose trat seltener auf (9% gegen 36%).
  • In den Fachinformationen zu Simvastatin ist eine „aktive Lebererkrankung“ als Kontraindikation aufgeführt. Bei 158 Patienten mit einer Leberzirrhose CHILD A oder B zeigte sich unter 40 mg Simvastatin (in den ersten 15 Tagen 20 mg) eine geringere Mortalität nach 24 Monaten im Vergleich zur Placebogruppe (9% vs. 22%) nach einer initialen Varizenblutung (BLEPS-Studie).
  • Ein neues Medikament bei M. Crohn hat sich erfolgversprechend gezeigt: Das SMAD7-Antisense-Oligonukleotid Mongersen führte in einer Phase-II-Studie bei einer Therapiedauer von 14 Tagen zu einer mindestens 2 Wochen anhaltenden klinischen Remission in 65% bei 160 mg vs. 10% in der Placebogruppe.
  • Auch bei Obstipation gibt es neue Medikamente: Prucaloprid bei therapierefraktärer Obstipation und Naloxegol bei Opioid-induzierter Obstipation.

Therapie der Hepatitis C

Ein Versuch den Dschungel zu Entwirren: Vom Gemeinsamen Bundesausschuss attestierter Zusatznutzen für eine Interferon freie Therapie bei chronischer Hepatitis C besteht für aktuell folgende Medikamente (Stand Beschluss vom 05.01.2017):

GenotypZirrhosestatusReferenztherapieTherapiekostenZusatznutzen
1±kompensierte ZirrhoseSofosbuvir+ Ledipasvir56 651,49 €Anhaltspunkt für einen beträchtlichen Zusatznutzen
1dekompensierte ZirrhoseSofosbuvir+ Ledipasvir+ Ribavirin64 747,10 €Anhaltspunkt für einen nicht quantifizierbaren Zusatznutzen
2±kompensierte ZirrhoseSofosbuvir+ Velpatasvir62 973,18 €Anhaltspunkt für einen nicht quantifizierbaren Zusatznutzen
3±kompensierte ZirrhoseSofosbuvir+ Velpatasvir62 973,18 €Anhaltspunkt für einen beträchtlichen Zusatznutzen
2-6dekompensierte ZirrhoseSofosbuvir+ Velpatasvir+ Ribavirin64 747,10 €Anhaltspunkt für einen nicht quantifizierbaren Zusatznutzen
4-6±kompensierte ZirrhoseSofosbuvir+ Ledipasvir56 651,49 €Anhaltspunkt für einen geringen Zusatznutzen

 

Update Osteoporose

Die FRAME-Studie zeigt für postmenopausale Frauen eine Reduktion der vertebralen Frakturen für den Sclerostin Inhibitor Romosozumab nach 12 Monaten von 1.8 % auf 0.5% (NNT=77).  Eingeschlossen wurden postmenopausale Frauen mit einem T-Score zwischen -2.5 und -3.5 am Femurhals oder der Hüfte. Therapiert wurde mit 210 mg Romosozumab s.c. monatlich vs. Placebo über 12 Monate, nachfolgend 60 mg Denosumab alle 6 Monate für ein weiteres Jahr. Darunter zeigte sich eine weiter reduzierte Frakturrate in der initial mit Romosozumab therapierten Gruppe (0.6% vs. 2.5 %, NNT= 53). Romosozumab soll zum einen die Knochenresorption hemmen und andererseits den Knochenaufbau fördern. Denosumab wurde angeschlossen als Knochenabbau hemmendes Medikament. Ausschlusskriterien waren u.a. Hüftfrakturen in der Vorgeschichte sowie eine schwere oder mehr als zwei Wirbelkörperfrakturen. Die Gesamtrate an Frakturen war entgegen der Reduktion der Wirbelkörperfrakturrate nicht-signifikant erniedrigt. Die Autoren weisen auf ein insgesamt erniedrigtes kalkuliertes Frakturrisiko (FRAX) in der Lateinamerikanischen Population hin, wo sich ein geringerer Unterschied zur Placebogruppe zeigte.

Die ACTIVE-Studie demonstriert für Abaloparatid eine reduzierte Rate an Wirbelkörperfrakturen (0.58% vs. 4.22%, NNT=27) sowie eine geringere Rate an nichtvertebralen Frakturen (2.7% vs. 4.7% vs. 3.3% unter Teriparatid) bei postmenopausalen Frauen. Abaloparatid wirkt knochanabol ähnlich wie Teriparatid und ist abgeleitet vom PTHrP. Es zeigte sich eine geringere Hypokalzämieinzidenz als unter Teriparatid. Verglichen wurde verblindet 80 µg Abaloparatid s.c. täglich vs. Placebo bei Patientinnen zwischen 50 und 85 Jahren mit einem T-Score zwischen -2.5 und -5.0 entweder an der LWS oder am Femurhals und mindestens einer niedrigtraumatischen mittelgradigen oder zwei leichtgradigen Frakturen der LWS oder BWS oder einer niedrigtraumatischen extravertebralen Frakrtur in einer Röntgenuntersuchung innerhalb der letzten 5 Jahre, bzw. einem T-Score zwischen -3.0 und -5.0 ohne Frakturzeichen. Ein Einschluss war für Frauen ab 65 Jahren bei einem T-Score bereits ab -2.0 bei vorhandensein o.g. Frakturkriterien möglich. In einer dritten Gruppe wurde openlabel Teriparatid 20 µg für insgesamt 18 Monate gegeben. Ausschlusskriterium war dabei u.a. eine schwere Fraktur. Untersucht wurde ein vergleichsweise junges Kollektiv (mittleres Alter 69 Jahre).