Nephrologie 2014

Im Folgenden eine kurze Zusammenfassung der Neuigkeiten vom Internisten Update 2014 aus dem Script von Herrn Professor Galle:

Renale Sympathikus Denervierung: Symplicity HTN-3

Der Vergleich der renalen Sympathikus Denervierung mittels Radiofrequenzablation gegen einen Schein-Eingriff zeigte keine signifikant verbesserte Blutdruckkontrolle.

Invasive Therapie einer Nierenarterienstenose ?

Auch in der aktuellen CORAL-Studie kein verbessertes Überleben der Stent-Gruppe im Vergleich zur alleinigen medikamentösen Therapie bei klinisch fraglich signifikant niedrigeren mittleren Blutdruckwerten (systolischer Blutdruck um 2,3 mmHg geringer, p=0,03).

Neues aus der Kardiologie 2013

Eine kurze Zusammenfassung vom kardiologischen Teil des Internisten Updates 2013 aus Wiesbaden. Aus dem Vortrag von Herrn Professor Haude:

  • Nach vorliegen dreier randomisierter Studien (CLOSURE I, RESPECT, PC) zum perkutanen PFO-Verschluss bei Patienten mit kryptogenem Schlaganfall sind bisher noch einige Rechentricks notwendig, um einen Vorteil des PFO-Verschluss zur alleinigen medikamentösen Therapie zu beweisen.
  • Dabigatran als Vertreter der neuen oralen Antikoagulantien hat bei Patienten mit mechanischem Herzklappenersatz im Vergleich zu Vitamin K Antagonisten enttäuschende Resultate gezeigt: RE-ALIGN-Studie.
  • RESET-Studie: Die dualen Thrombozytenaggregationshemmung (DAPT) über 3 Monate vs. DAPT über 12 Monate ist nicht Unterlegen bezüglich der Rate von Stentthrombosen bei Endeavor zotarolimus-Eluting Stents.

AVERROES und ARISTOTLE

Die AVERROES-Studie: Apixaban bei Patienten mit Nicht-valvulärem Vorhofflimmern und erhöhtem Schlaganfallrisiko (Alter ≥ 75, Arterielle Hypertonie, Diabetes mellitus, Herzinsuffizienz NYHA ≥ II, LVEF ≤ 35%, pAVK) versus Acetylsalizylsäure (ASS). Ziel war der Einschluss von Patienten, welche entweder keinen VKA (Vitamin K Antagonist) nehmen können bzw. wollten oder von denen der behandelnde Arzt meinte, sie könnten keinen VKA einnehmen.

Also eine Alternative zur ASS bei Patienten mit Schlaganfall oder Vorhofflimmern, bei denen man sich gegen Marcumar entschieden hat? Mit der ARISTOTLE-Studie ist ja bereits das Apixaban gegen Warfarin als Vitamin K – Antagonist verglichen worden.

Ins Auge fallen die Ausschlusskriterien:

  • Aktives Ulcus Leiden
  • Thrombozyten < 100.000/mm³, Hb < 10 g/dl
  • Schlaganfall < 10 Tage
  • Dokumentierte Blutungsneigung
  • Alkohol- oder Drogenabusus oder psychosoziale Gründe welche eine Studienteilnahme erschweren
  • Schwere Komorbidität mit einer Lebenserwartung < 1 Jahr
  • Kreatinin > 2,5 mg/dl oder eGFR < 25 ml/min
  • ALAT/ASAT > 2 fachen oberen Normbereich oder Bilirubin > 1,5 x Normbereich ohne Erklärung durch andere Erkrankung
  • Mögliche Schwangerschaft und fehlendes Einverständnis für Schwangerschaftstest oder fehlende Einwilligung in eine „akzeptable“ Verhütungsmethode

Was ist nun der Unterschied zur ARISTOTLE-Studienpopulation? Wer kann in die AVERROES-Studie aufgenommen werden und darf bzw. kann oder möchte keinen VKA einnehmen? Was ist denn eine „dokumentierte Blutungsneigung“ ? Ein sturzanfälliger Patient? Eine schwere gastrointestinale Blutung in der Vorgeschichte? Bleiben doch nur die auf VKA schwer einstellbaren Patienten bzw. der Trapper in der Wildnis der seinen INR nicht überprüfen lassen kann?

Was findet sich denn in den Ausschlusskriterien zur ARISTOTLE-Studie, die nicht in der AVERROES-Studie zu finden sind:

  • Persistierende unkontrollierte arterielle Hypertonie (syst. BP > 180 oder diast. BP > 100 mmHg, eigentlich doch eine „dokumentierte Blutungsneigung“ ?
  • Aktive Endokarditis, vielleicht doch eine valvuläre Erkrankung die einen operativen Eingriff benötigt, also eigentlich doch kein Unterschied zwischen ARISTOTLE und AVERROES.
  • Geplante größere OP

Die Gründe für das Ablehnen eines VKA in AVERROES bei Patienten mit einem vorherigen VKA: In der Mehrzahl (65%) multifaktoriell. Danach mit 42% auf Platz 2 „INR konnte nicht im therapeutischen Bereich gehalten werden“, auf Platz 3 mit jeweils 37% entweder der Patient hat einen VKA abgelehnt oder man konnte den INR nicht häufig genug bestimmen.

Was lernt man nun aus AVERROES? Apixaban ist besser als ASS zur Prophylaxe bei Schlaganfällen unter Nicht-valvulärem Vorhofflimmern bei der oben definierten Patientengruppe (Numer-needed to Treat von 48/Jahr bei 1,6% vs. 3,7% für den primären Endpunkt aus Schlaganfall (Blutung oder Ischämie) oder systemischer Embolie). Eine Alternative zur ASS bei Patienten welche keinen VKA bekommen können ist bei der Liste an Ausschlusskriterien wohl noch nicht gefunden. Die Number needed to harm bei Patienten mit schweren Blutungen unter Studienmedikation beträgt 1,4% vs. 0,9% = 200 / Jahr.

Damit ist das Fazit wohl eher ernüchternd: Man sollte bevor man einem Patienten ASS statt einem VKA empfiehlt, vorher ein neues Antikoagulans prüfen.

Prasugrel und NSTEMI

Der optimale Zeitpunkt für den Beginn der Thrombozytenaggregationshemmung wurde beim Nicht-ST-Hebungsinfarkt (NSTEMI) in der ACCOAST-Studie für Prasugrel untersucht. Die Interventionsgruppe erhielt 30 mg Prasugrel direkt nach Diagnose-Stellung und erneut 30 mg Prasugrel wenn eine PCI indiziert war. In der Kontrolle initial Placebo, bei PCI 60 mg Prasugrel. Es zeigte sich ein erhöhtes Blutungsrisiko in der Interventionsgruppe.

Nun ist Prasugrel zumindest bei Uptodate nicht die erste Empfehlung für ein NSTEMI. In der TRITON-TIMI-38 Studie wurde Prasugrel erst nach Stellung der Indikation für eine PCI verabreicht, im Gegensatz zu Ticagrelor in der PLATO-Studie. In den ESCardio-Leitlinien von 2011 zum NSTE-ACS wird ein Thrombozytenaggregationshemmer so bald als möglich empfohlen (1A), Ticagrelor für alle Patienten mit NSTEMI (1B) und auch wenn bisher unter Clopidogrel. Prasugrel nur bei bekannter Koronaranatomie (1B) !

Neues aus der Pneumologie 2013

Vom Internisten-Update 2013 in Wiesbaden eine unvollständige Auswahl aus dem Vortrag von Herrn Professor Kohlhäufl:

  • Das SMART-Konzept (Single Maintenance And Reliever Therapie) ist eine wirksame Therapiealternative des Asthma bronchiale auf Stufe 2-4 : Formoterol als rasch wirksamer langwirksamer Bronchodilatator als Bedarfs – und Erhaltungstherapie in Kombination mit inhalativem Corticosteroid z.B. als Budesonid/Formoterol ist effektiver auf Stufe 2 und spart Steroide durch verminderte Exazerbationsrate auf Therapiestufe 3-4.
  • Bei Asthma unter inhalativen Korticosteroiden nach Absprache mit Kardiologen sind evntl. einschleichend (wohl besser kardioselektive) ß-Blocker möglich. Eine Placebo-kontrollierte Studie mit Propranolol als unselektivem ß-Blocker hat unter ICS keine signifikanten Unterschiede in der Lebensqualität und Asthmakontrolle finden können.
  • DREAM-Studie: Mepolizumab senkt die Exazerbationsrate bei schwerem eosinophilem Asthma bronchiale.
  • Eine PCT-gesteuerte Antibiotika – Therapie ist sicher bei oberen – und unteren Atemwegsinfektionen (<0,1 ng/ml keine Antibiose, <0,25 ng/ml Überprüfung der Antibiose-Indikation). Eine einzelne Messung schließt aber bei ungenügender Sensitivität keine bakterielle Infektion aus, entscheidend bleibt die Klinik. Der Vorteil des Procalcitonins liegt in der damit möglichen frühzeitigen Beendigung einer Antibiose bei auch in der Kontrolle niedrigem Wert.
  • In Zukunft evntl. vermehrt inhalative Antibiotika als Antwort auf die zunehmenden Resistenzprobleme, besonders bei chronisch kranken Patienten (z.B. Mukoviszidose, COPD).
  • Das Screening von Rauchern auf ein Bronchialkarzinom mit Niedrig-Dosis CT ist auch bei Vorliegen einer amerikanischen Empfehlung für bestimmte Risikogruppen vorerst noch nicht in Deutschland praktikabel. Mehr als 90% der pulmonalen Rundherde sind benigne, eine ausreichende Trennschärfe zu malignen Befunden ist nicht gegeben und verursacht zum jetzigen Zeitpunkt bei genereller Anwendung evntl. mehr Schaden als Nutzen. Die beste Vorsorge bleibt ein Rauchverzicht.
  • Die spezifische Therapie des metastasierten nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinoms wird erweitert um Crizotinib bei Vorliegen einer ALK-Mutation, neben bereits bekannten Optionen bei EGFR-Mutation (Gefitinib, Erlotinib, Afatinib). Somit muss der Pathologe nun nach zwei Mutationen beim NSCLC gefragt werden!

Im Vortrag von Herrn Professor Pfeifer standen die COPD, das obstruktive Schlafapnoe-Syndrom und die Beatmungsmedizin im Vordergrund:

  • Die COPD ist mit zahlreichen Begleiterkrankungen assoziiert. Wichtig ist die Differentialdiagnostik bei Akut-Exazerbierter COPD, an erster Stelle steht hier die Lungenembolie. Zu wenig berücksichtigt wird das akute Koronarsyndrom; neben thorakalen Schmerzen im Rahmen der Exazerbation sind auch kardiale Ischämien häufig (McAllister et al. 2012).
  • Eine Steroid-Stoßtherapie mit 40 – 50 mg Prednisolon über 5 Tage ist genauso effektiv (oder besser) wie eine Therapiedauer von 14 Tagen (REDUCE-Studie).
  • Inhalative Glucocorticoide bringen ein erhöhtes Risiko für Pneumonien und nicht-tuberkulöse Mykobakteriosen. Die ICS sind erst ab Stadium GOLD C indiziert (GOLD-Leitlinie)!
  • Das nicht-therapierte obstruktive Schlafapnoe-Syndrom erhöht das Risiko für ein Rezidiv-Vorhofflimmern nach Pulmonalvenenisolation (Fein et al. 2013) und ist assoziiert mit einem erhöhten Risiko für kardiovaskuläre Morbidität und Mortalität, insbesondere bei einem nächtlichen Sättigungsabfall < 78% und schwerem OSAS (Gami et al. 2013). Frauen haben trotz OSAS evntl. keine vermehrte Tagesmüdigkeit (Franklin et al. 2013), sodass ein Screening auch bei alleinigem Vorliegen von arterieller Hypertonie und Adipositas zu erwägen ist.
  • Eine palliative nicht-invasive Beatmung bei Tumorpatienten kann effektiv die Dyspnoe verringern und den Opiat-Bedarf vermindern (Nava et. al 2013).

 

Schlaganfallrisiko ohne VHF

Seit längerem bekannt ist der CHADS2-Score und seine Verfeinerung, der CHA2DS2-VASc-Score zur Vorhersage des Schlaganfallrezidivrisikos bei Patienten mit nicht-valvulärem Vorhofflimmern. In den aktuellen ESCardio-Leitlinien richtet sich die Empfehlung zur oralen Antikoagulation bei Vorhofflimmern nach dem CHA2DS2-VASc-Score. Ntaios et al. haben in einer retrospektiven Kohortenstudie das Rezidivrisiko für einen erneuten ischämischen Schlaganfall nach dem Erstereignis bei Patienten ohne Vorhofflimmern untersucht. Eingeteilt wurde in drei Gruppen (niedriges-, mittleres- und hohes Risiko) entsprechend dem CHA2DS2-VASc-, bzw. CHADS2-Score (0, 1, bzw. ≥ 2 Punkte) vor dem Schlaganfall. Endpunkt war 5-Jahres Überleben, Schlaganfallrezidiv und kardiovaskuläre Ereignisse. Gefunden wurde eine hohe Übereinstimmung zwischen Gruppeneinteilung und den Ereignisraten. Damit ist die Risikostratifizierung auch bei Schlaganfallpatienten ohne Vorhofflimmern möglich. Was für therapeutische Änderungen werden sich daraus ergeben?

Temperatursenkung

Für Patienten mit Schlaganfall ist die Temperatursenkung als vorteilhafte Therapie gut belegt, z.B. „Quality in Acute Stroke Care„-Studie. Wie sind aber die Auswirkungen bei Patienten mit Sepsis? Immerhin wird durch die Fiebersenkung eine physiologische Reaktion unterdrückt, die zur Steigerung der Immunantwort und Erregerkontrolle dient. Auf der anderen Seite bewirkt das Fieber aber auch eine Kreislaufbelastung. Die Auswirkungen einer Temperatursenkung durch Auflegen mit kaltem Wasser getränkter Tücher ist in der „SepsisCool„-Studie untersucht worden. Es fand sich ein geringerer Bedarf an Vasopressoren und eine verringerte Mortalität an Tag 14 nach Aufnahme auf die Intensivstation in der Interventionsgruppe. Die Mortalität nach Entlassung aus dem Krankenhaus war nicht signifikant verschieden bei einem nicht-signifikant erhöhtem Trend zur vermehrten Krankenhausinfektionen.

Thrombozytenaggregationshemmer bei akutem Koronarsyndrom

Auch wenn die entsprechenden Studien schon länger zurückliegen, noch einmal zum Erinnern: Unterschieden wird bei der Therapie des akuten Koronarsyndromes zwischen ST-Hebungsinfarkt und Nicht-ST-Hebungs-Infarkt (NSTEMI).

STEMI

Aufgrund den Ergebnissen der TRITON-TIMI-38 Studie von 2007 wird bei STEMI bei Patienten ≤ 75 Jahren und Gewicht ≥ 60 Kg die keinen Apoplex bzw. keine TIA in der Anamnese haben statt Clopidogrel das neue Prasugrel (Efient) bei geplanter PCI empfohlen. Statt 500 mg Azetylsalizylsäure nur 250 mg ASS i.v. Loading Dose Prasugrel ist 60 mg, dann weiter mit 10 mg 1x tgl. p.o. für ein Jahr nach Stentimplantation, ASS weiter lebenslang.

NSTEMI

Bei NSTEMI und geplanter PCI nach der PLATO Studie von 2009 statt Clopidogrel Ticagrelor. Ebenfalls nur 250 mg ASS i.v. Loading Dose 2×90 mg p.o., Erhaltungsdosis 2tgl. x90 mg p.o.für ein Jahr nach Stentimplantation, ASS lebenslang.

Triple-Therapie

Bei notwendiger oraler Antikoagulation z.b. bei begleitendem Vorhofflimmern empfehlen die ESC-Leitlinien weiterhin Clopidogrel, ASS und eine orale Antikoagulation mit Vitamin-K-Antagonist mit Ziel-INR 2-2,5. Die Dauer der dreifach Therapie richtet sich nach dem HAS-BLED Score (ESC-Leitlinien 2012, Seite 17):

  • Zwischen 0 und 2 für 6 Monate, dann 6 Monate Thrombozytenaggregationshemmer + OAK
  • Bei HAS-BLED > 2 dreifach Therapie für 4 Wochen, dann 12 Monate Thrombozytenaggregationshemmer und OAK

Belgeitend wird jeweils ein PPI empfohlen. Nach einem Jahr und stabiler KHK bringt eine zusätzliche Thrombozytenaggregationshemmung bei nicht-valvulärem Vorhofflimmern zur OAK kein Nutzen, nur ein erhöhtes Blutungsrisiko.

Eplerenone und Spironolakton

In den neuen ESC-Guidelines zur Herzinsuffizienz wird die Bedeutung der Aldosteron-Antagonisten noch einmal deutlich verstärkt. Eplerenone wird als kardioselektiver Aldosteron-Antagonist mit einer niedrigeren Hyperkaliämie-Rate beschrieben. Eine Metaanalyse von Chatterjee et al. kann die Vorteile des (erheblich teureren) Eplerenone nicht bestätigen, einzig die Inzidenz von Gynäkomastien wird als niedriger eingestuft (statistisch nicht signifikant). Die Hyperkaliämie-Rate ist dabei tendenziell für das theoretisch bessere Eplerenone eher höher. Ein prospektiver Vergleich von Eplerenone gegen Spironolakton ist jedoch bisher noch nicht unternommen worden.