Notfallmedizin Updates

Die wichtigsten Ergebnisse vom Internisten Update 2016 aus der Notfallmedizin:

    • Die Ergebnisse der AVOID-Studie legen einen vorsichtigeren Umgang mit Sauerstoff bei Patienten mit STEMI nahe. Prähospital wurde bei einer SpO2 von 94% unter Raumluft randomisiert 8 l O2 über die Maske gegeben oder nicht. In der Gruppe mit Sauerstoffgabe war die postinterventionelle CK höher, die Anzahl der Remyokardinfarkte höher (5,5% vs. 0,9%), es kam zu mehr intrahospitalen Herzrhythmusstörungen (40% vs. 31%) und das Kardio-MRT nach 6 Monaten zeigte eine größere Infarktgröße.
    • Die SIRS-Kriterien sind abgeschafft als notwendiges Element einer Sepsisdiagnose: Nach der 3. Sepsis Definition ist eine Sepsis eine lebendsbedrohliche Organdysfunktion als Fehlantwort des Körpers auf eine Infektion mit Anstieg des SOFA-Score um ≥ 2 (auf der Intensivstation) bzw. Vorhandensein von mindestens 2 von 3 Kriterien (in der Notaufnahme):
      • Atemfrequenz ≥ 22
      • Veränderte Kognition infolge der Sepsis (entsprechend GCS < 15)
      • Systolischer Blutdruck ≤ 100 mmHg

      Ein septischer Schock ist definiert als Sepsis mit der Notwendigkeit einer kontinuierlichen Vasopressorengabe um den arteriellen Mitteldruck auf ≥ 65 mmHg zu halten und einem Serumlaktat von > 2 mmol/L in der Abwesenheit einer Hypovolämie.
      Dabei helfen die SIRS Kriterien weiter als Hinweisgeber auf eine mögliche Infektion als Ursache einer Erkrankung (z. B. Fieber, Leukozytose usw.)

 

Gastroenterologie 2016

Einige kurze Neuigkeiten vom Internisten Update 2016 zur Gastroenterologie:

  • In der LEAN-Studie (Phase 2 an jeweils 26 Patienten) zeigte sich in der Liraglutid Gruppe bei Therapie mit 1,8 mg s.c. über 48 Wochen eine verbesserte histologische Remission (39% vs. 9%) einer Nicht-alkoholischen Steatohepatitis. Die Progression zur Fibrose trat seltener auf (9% gegen 36%).
  • In den Fachinformationen zu Simvastatin ist eine „aktive Lebererkrankung“ als Kontraindikation aufgeführt. Bei 158 Patienten mit einer Leberzirrhose CHILD A oder B zeigte sich unter 40 mg Simvastatin (in den ersten 15 Tagen 20 mg) eine geringere Mortalität nach 24 Monaten im Vergleich zur Placebogruppe (9% vs. 22%) nach einer initialen Varizenblutung (BLEPS-Studie).
  • Ein neues Medikament bei M. Crohn hat sich erfolgversprechend gezeigt: Das SMAD7-Antisense-Oligonukleotid Mongersen führte in einer Phase-II-Studie bei einer Therapiedauer von 14 Tagen zu einer mindestens 2 Wochen anhaltenden klinischen Remission in 65% bei 160 mg vs. 10% in der Placebogruppe.
  • Auch bei Obstipation gibt es neue Medikamente: Prucaloprid bei therapierefraktärer Obstipation und Naloxegol bei Opioid-induzierter Obstipation.

Therapie der Hepatitis C

Ein Versuch den Dschungel zu Entwirren: Vom Gemeinsamen Bundesausschuss attestierter Zusatznutzen für eine Interferon freie Therapie bei chronischer Hepatitis C besteht für aktuell folgende Medikamente (Stand Beschluss vom 05.01.2017):

GenotypZirrhosestatusReferenztherapieTherapiekostenZusatznutzen
1±kompensierte ZirrhoseSofosbuvir+ Ledipasvir56 651,49 €Anhaltspunkt für einen beträchtlichen Zusatznutzen
1dekompensierte ZirrhoseSofosbuvir+ Ledipasvir+ Ribavirin64 747,10 €Anhaltspunkt für einen nicht quantifizierbaren Zusatznutzen
2±kompensierte ZirrhoseSofosbuvir+ Velpatasvir62 973,18 €Anhaltspunkt für einen nicht quantifizierbaren Zusatznutzen
3±kompensierte ZirrhoseSofosbuvir+ Velpatasvir62 973,18 €Anhaltspunkt für einen beträchtlichen Zusatznutzen
2-6dekompensierte ZirrhoseSofosbuvir+ Velpatasvir+ Ribavirin64 747,10 €Anhaltspunkt für einen nicht quantifizierbaren Zusatznutzen
4-6±kompensierte ZirrhoseSofosbuvir+ Ledipasvir56 651,49 €Anhaltspunkt für einen geringen Zusatznutzen

 

Update Osteoporose

Die FRAME-Studie zeigt für postmenopausale Frauen eine Reduktion der vertebralen Frakturen für den Sclerostin Inhibitor Romosozumab nach 12 Monaten von 1.8 % auf 0.5% (NNT=77).  Eingeschlossen wurden postmenopausale Frauen mit einem T-Score zwischen -2.5 und -3.5 am Femurhals oder der Hüfte. Therapiert wurde mit 210 mg Romosozumab s.c. monatlich vs. Placebo über 12 Monate, nachfolgend 60 mg Denosumab alle 6 Monate für ein weiteres Jahr. Darunter zeigte sich eine weiter reduzierte Frakturrate in der initial mit Romosozumab therapierten Gruppe (0.6% vs. 2.5 %, NNT= 53). Romosozumab soll zum einen die Knochenresorption hemmen und andererseits den Knochenaufbau fördern. Denosumab wurde angeschlossen als Knochenabbau hemmendes Medikament. Ausschlusskriterien waren u.a. Hüftfrakturen in der Vorgeschichte sowie eine schwere oder mehr als zwei Wirbelkörperfrakturen. Die Gesamtrate an Frakturen war entgegen der Reduktion der Wirbelkörperfrakturrate nicht-signifikant erniedrigt. Die Autoren weisen auf ein insgesamt erniedrigtes kalkuliertes Frakturrisiko (FRAX) in der Lateinamerikanischen Population hin, wo sich ein geringerer Unterschied zur Placebogruppe zeigte.

Die ACTIVE-Studie demonstriert für Abaloparatid eine reduzierte Rate an Wirbelkörperfrakturen (0.58% vs. 4.22%, NNT=27) sowie eine geringere Rate an nichtvertebralen Frakturen (2.7% vs. 4.7% vs. 3.3% unter Teriparatid) bei postmenopausalen Frauen. Abaloparatid wirkt knochanabol ähnlich wie Teriparatid und ist abgeleitet vom PTHrP. Es zeigte sich eine geringere Hypokalzämieinzidenz als unter Teriparatid. Verglichen wurde verblindet 80 µg Abaloparatid s.c. täglich vs. Placebo bei Patientinnen zwischen 50 und 85 Jahren mit einem T-Score zwischen -2.5 und -5.0 entweder an der LWS oder am Femurhals und mindestens einer niedrigtraumatischen mittelgradigen oder zwei leichtgradigen Frakturen der LWS oder BWS oder einer niedrigtraumatischen extravertebralen Frakrtur in einer Röntgenuntersuchung innerhalb der letzten 5 Jahre, bzw. einem T-Score zwischen -3.0 und -5.0 ohne Frakturzeichen. Ein Einschluss war für Frauen ab 65 Jahren bei einem T-Score bereits ab -2.0 bei vorhandensein o.g. Frakturkriterien möglich. In einer dritten Gruppe wurde openlabel Teriparatid 20 µg für insgesamt 18 Monate gegeben. Ausschlusskriterium war dabei u.a. eine schwere Fraktur. Untersucht wurde ein vergleichsweise junges Kollektiv (mittleres Alter 69 Jahre).

Blutungsrisiko unter NOACs

Eine retrospektive Vergleichsstudie Rivaroxaban 20 mg 1xtgl. vs. Dabigatran 150 mg 2xtgl. hat ein erhöhtes Blutungsrisiko für Rivaroxaban bei Patienten mit nicht-valvulärem Vorhofflimmern und einem Alter von mindestens 65 Jahren gezeigt (Graham et al., JAMA Intern Med. 2016;176(11):1662-1671). Die erhöhte Anzahl von Intrakraniellen Blutungen hat demnach nicht die reduzierte Rate an thrombembolischen Schlaganfällen wettmachen können. Zudem bestand eine nicht-signifikant erhöhte Mortalität von Rivaroxaban im Vergleich zu Dabigatran. Leider bisher nur eine Retrospektive Kohortenstudie, damit nur ein Hinweis auf einen entsprechenden Zusammenhang.

Bestätigen tut dies jedoch eine weitere retrospektive Kohortenstudie bei Patienten mit nicht-valvulärem Vorhofflimmern (Lip et al., Int J Clin Pract. 2016 Sep;70(9):752-63), hier zeigte Apixaban das geringste Blutungsrisiko, das höchste Blutungsrisiko war unter Warfarin bzw. Rivaroxaban zu beobachten.

Diabetologie Update Innere 2015

Eine Zusammenfassung vom Internisten Update 2015 bezüglich Antidiabetika:

Wie auch in den Studien 2014 zu erkennen, die neueren Antidiabetika haben es schwer sich gegenüber dem guten alten Metformin zu behaupten. So ist Metformin nun auch bis zu einer eGFR von 45 ml/min. in einer maximalen Tagesdosis von 2×500 mg unter Kontrolle der Nierenfunktion und bei fehlenden Risikofaktoren einer Laktatazidose empfohlen (BfArM). Außerdem bleibt Sitagliptin (und die anderen DPP-IV-Hemmer) weiterhin den Nachweis einer Verbesserung der kardiovaskulären Morbidität und erst recht Mortalität schuldig (TECOS-Studie). Auch Lixisenatide kann nach einem Akuten Koronarsyndrom und Diabetes die kardiovaskuläre Morbidität und Mortalität nicht signifikant reduzieren (ELIXA-Studie).

Das gelingt dem Empagliflozin in Kombination mit Metformin (EMPA-REG-Outcome-Studie, NNT über 3,1 Jahre für Todesfall 39), leider ist ein Therapiestart laut der Fachinformation nur bei einer eGFR von mindestens 60 ml/min. empfohlen. In der EMPA-REG-Outcome Studie ist eine eGFR von < 30 ml/min. als Ausschlusskriterium angegeben.

Polypharmazie

Eine überarbeite Version zur Verhinderung der Unter- bzw. Überversorgung mit Medikamenten geriatrischer Patienten ist in Age and Ageing 2014 erschienen, hier eine deutsche Übersetzung daraus:


Startkriterien

Kardiovaskuläres System

  • Phenprocoumon oder neue orale Antikoagulantien bei Vorhofflimmern
  • ASS 100 mg tgl. bei Kontraindikationen für orale Antikoagulantien
  • Thrombozytenaggregationshemmer bei KHK, Schlaganfall oder pAVK
  • Antihypertensiva bei dauerhaft RRsyst. > 140 mmHg und/oder RRdiast. > 90 mmHg, bzw. RRsyst. > 140 mmHg und/oder RRdiast. > 90 mmHg bei Diabetikern
    → nach SHIP Studie evntl. bei guter Verträglichkeit Zielwert generell < 140 mmHg systolisch!
  • Statin bei KHK, Schlaganfall, pAVK außer in der terminalen Lebensphase oder Alter > 85 Jahre
  • ACE-Hemmer bei systolischer Herzinsuffizienz und/oder KHK
  • Betablocker bei KHK
  • Bisoprolol, Nebivolol, Metoprolol oder Carvedilol bei stabiler syst. Herzinsuffizienz

Respiratorisches System

  • Inhalativer LABA oder LAMA bei leicht bis mittelschwerem Asthma bronchiale oder COPD
  • Inhalatives Glucocorticosteroid bei mittel bis schwergradigem Asthma bronchiale oder COPD wenn die FEV1 < 50% der Norm und mehrfache Exazerbationen in der Vorgeschichte mit Behandlung durch orale Glucocorticoide
  • Heimsauerstoff bei chronischer Hypoxämie (pO2 < 55 mmHg, SaO2 < 89%)

Zentrales Nervensystem und Augen

  • L-Dopa oder Dopaminagonist bei idiopathischem Parkinson mit funktionellen Einschränkungen und resultierender körperlicher Beeinträchtigung
  • Antidepressiva (keine Trizyklika!) bei Major Kriterien einer Depression
  • Acetylcholinesterase Inhibitoren bei leicht – bis mittelschwerer Alzheimer Demenz oder Lewy Body Demenz
  • Augentropfen bei primärem Offenwinkel Glaukom (Betablocker, Prostaglandine)
  • SSRI (oder SNRI oder Pregabalin bei Kontraindikationen für SSRI) bei schwerer Angststörung mit Beeinträchtigung der funktionellen Unabhängigkeit
  • Dopaminagonist (Ropinirol oder Pramipexol oder Rotigotin) bei Restless Legs Syndrom nach Ausschluss eines Eisenmangels und einer fortgeschrittenen Niereninsuffizienz

Gastrointestinales System

  • PPI bei schwerer gastroösophagealer Refluxerkrankung oder peptischen Strikturen mit erforderlicher Dilatation
  • Ballaststoffreiche Nahrung bei Obstipation mit Divertikulose

Muskuloskeletales System

  • DMARD bei aktiver rheumatoider Arthritis
  • Bisphosphonat mit Vitamin D und Calcium bei Patienten unter längerfristiger hochdosierter systemischer Steroidtherapie
  • Vitamin D Substitution bei bekannter Osteoporose
  • Antiresorptive oder Anabole Therapie bei Osteoporose (Bisphosphonat, Strontium, Teriparatid, Denosumab) ohne Vorliegen von Kontraindikationen
  • Vitamin D bei rez. Stürzen oder Osteopenie oder bei fehlendem Verlassen der eigenen Wohnung
  • Allopurinol oder Febuxostat nach Gichtanfällen
  • Folsäure bei Therapie mit MTX

Endokrines System

  • ACE-Hemmer oder AT1-Blocker bei Diabetes mit Nephropathie (Proteinurie oder Albuminurie > 30mg/24h) mit oder ohne Erhöhung der Nierenretentionswerte

Urogenitales System

  • Alpha-1-Blocker bei Benigner Prostatahyperplasie wenn noch keine TUR-P indiziert, bzw.
  • 5-alpha Reduktase Inhibitor bei Benigner Prostatahyperplasie wenn keine TUR-P indiziert
  • Topische vaginale Östrogene oder Pessar bei symptomatischer atrophischer Vaginitis

Schmerztherapie

  • Stark potente Opioide bei mittel – bis starken Schmerzen wenn Paracetamol oder NSAID Kontraindiziert oder nicht ausreichend wirksam
  • Laxantien unter Opiattherapie

Impfungen

  • Jährliche Influenzaimpfung
  • Mindestens einmalig Pneumokokken Impfung im Alter > 65 Jahren

Stopp-Kriterien

Indikationsprüfung

  • Alle Medikamente ohne gesicherte Evidenz
  • Alle Medikamente über den empfohlenen Zeitraum hinaus
  • Zwei Medikamente der gleichen Wirkstoffgruppe (zuerst Monotherapie optimieren)

Kardiovaskuläres System

  • Digitalis bei Herzinsuffizienz mit normaler syst. LV-Funktion
  • Verapamil oder Diltiazem bei Herzinsuffizienz NYHA III bis IV
  • Betablocker mit Verapamil oder Diltiazem
  • Betablocker bei Bradykardie < 50/min, Blockbild ≥ II. Grades
  • Primär Amiodaron bei supraventrikulären Tachyarrhythmien (erst Betablocker, Digitalis, Verapamil bei besserer Verträglichkeit)
  • Schleifendiuretika bei Hypertonie, schon gar nicht bei Urininkontinenz
  • Schleifendiuretika bei Knöchelödemen ohne Zeichen einer Herzinsuffizienz, Leberinsuffizienz oder Niereninsuffizienz (Kompressionsstrümpfe!)
  • Thiazide bei K+ < 3 mmol/l, Na+ < 130 mmol/l, korrigiertem Ca2+ > 2,65 mmol/l oder bei bekannter Gicht
  • Zentrale Antihypertensiva (z.B. Clonidin, Moxonidin), es sei denn bei Unverträglichkeit bzw. mangelnder Effektivität anderer Antihypertensiva
  • ACE-Hemmer oder AT1-Blocker bei Hyperkaliämie
  • Aldosteronantagonisten in Kombination mit ACE-Hemmern oder AT1-Blockern ohne mindestens 6 monatliche Kaliumkontrollen
  • Phosphodiesterase-5-Inhibitoren bei schwerer Herzinsuffizienz mit Hypotonie (RRsyst. < 90 mmHg) oder in Kombination mit Nitraten

Blutgerinnungshemmer

  • ASS über längere Zeit > 160 mg tgl.
  • ASS bei Ulcusleiden ohne PPI
  • ASS / Phenprocoumon / NOAK’s bei erheblichem Blutungsrisiko (z.B. unkontrollierte arterielle Hypertonie, abgelaufene schwere Blutungen)
  • ASS + Clopidogrel als Sekundärprophylaxe nach Schlaganfall außer nach Stentimplantation innerhalb der letzten 12 Monate
  • ASS mit Phenprocoumon oder NOAK bei Vorhofflimmern (ASS absetzen!)
  • Thrombozytenaggregationshemmer mit NOAK/Phenprocoumon bei stabiler KHK, pAVK, cAVK
  • Ticlopidin (besser Clopidogrel, Prasugrel o.ä.)
  • Orale Antikoagulantien nach erster tiefer Beinvenenthrombose über mehr als 6 Monate
  • Orale Antikoagulantien nach erster Lungenarterienembolie über mehr als 12 Monate
  • NSAID mit Thrombozytenaggregationshemmer ohne PPI Prophylaxe

Zentrales Nervensystem

  • Trizyklische Antidepressiva bei Demenz, Engwinkelglaukom, kardialen Leitungsstörungen, benigner Prostatahyperplasie oder Überlaufblase
  • Trizyklische Antidepressiva als ersten Therapieversuch einer Depression (besser SSRI oder SNRI)
  • Neuroleptika mit anticholinergem Wirkungsprofil bei benigner Prostatahyperplasie / Überlaufblase (z.B. Clozapin)
  • SSRI bei Hyponatriämie (Na+ < 130 mmol/l)
  • Benzodiazepine ≥ 4 Wochen (cave vorsichtig ausschleichen)
  • Neuroleptika (außer z.B. Quetiapin oder Clozapin) bei Parkinson oder Lewy-Body Demenz
  • Anticholinergika zur Therapie von Nebenwirkungen von Neuroleptika
  • Anticholinergika bei Delir oder Demenz
  • Antipsychotika bei Demenz möglichst vermeiden
  • Neuroleptika zur Sedierung (außer Schlafstörungen wegen Demenz oder Psychose)
  • Acetylcholinesteraseinhibitoren bei persistierender Bradykardie (<60/min), kardialen Blockierungen, ungeklärten Synkopen oder mit gleichzeitiger bradykardisierender Medikation
  • Phenothiazine als Antipsychotika der ersten Wahl
  • l-Dopa oder Dopaminagonist bei essentiellem Tremor (hilf nicht)
  • Antihistaminika der ersten Generation

Renales System

  • Digoxin > 125 µg/tgl. bei eGFR < 30 ml/min
  • Dabigatran bei eGFR < 30 ml/min
  • Faktor Xa Inhibitoren bei eGFR < 15 ml/min
  • NSAID bei eGFR < 50 ml/min
  • Colchizin bei eGFR < 10 (?) ml/min
  • Metformin bei eGFR < 30 ml/min

Gastrointestinales System

  • Metoclopramid bei Parkinson
  • PPI bei unkompliziertem Ulcus oder peptischer Ösophagitis für mehr als 8 Wochen in voller therapeutischer Dosis
  • Medikamente mit bekannter obstipierender Wirkung (z.B. Anticholinergika, orales Eisen, Verapamil, Opiate) wenn Alternativen verfügbar
  • Mehr als 200 mg elementares Eisen p.o. (mehr wird nicht resorbiert)

Respiratorisches System

  • Theophylin als Monotherapie bei COPD
  • Systemische Glucorticoide anstatt inhalative Verabreichung bei mittel- bis schwergradiger COPD
  • LAMA (z.B. Tiotropium) bei Engwinkelblockglaukom
  • Unselektive Betablocker (auch topisch!) bei behandlungsbedürftigem Asthma bronchiale
  • Benzodiazepine bei akuter oder chronischer respiratorischer Insuffizienz

Muskuloskeletales System

  • NSAID außer COX-2-Hemmer bei Ulcus, gastrointestinaler Blutung außer mit PPI oder H2-Antagonist
  • NSAID bei schwerer Hypertonie oder Herzinsuffizienz
  • NSAID mehr als 3 Monate wenn Paracetamol nicht versucht
  • Glucocorticoide über mehr als 3 Monate bei rheumatoider Arthritis als Monotherapie
  • Steroide bei Arthrose (außer zur intraartikulären Anwendung)
  • NSAID oder Colchizin über mehr als 3 Monate bei Gicht ohne Kontraindikationen für Xanthin-oxidase Inhibitoren
  • COX-2-Hemmer bei kardiovaskulären Erkrankungen
  • Bisphosphonate oral bei z.B. Dysphagie, Ösophagitis, Gastritis, Duodenitis, Ulcus oder oberen gastrointestinalen Blutungen

Urogenitales System

  • Muskarinrezeptorantagonisten bei Demenzerkrankungen oder Engwinkelblockglaukom, benigner Prostatahyperplasie
  • Alpha-1-Blocker bei symptomatischer orthostatischer Hypotonie oder Miktionssynkope

Endokrines System

  • Langwirksame Sulfonylharnstoffe bei Diabetes mellitus Typ II
  • Thiazolidindione bei Herzinsuffizienz
  • Betablocker und Diabetes mellitus mit häufiger Hypoglykämie
  • Östrogene nach Mammakarzinom oder venösen Thrombosen
  • Orale Östrogene ohne Progesteron und nicht entferntem Uterus (Endometriumkarzinome!)
  • Androgene außer bei primärem oder sekundärem Hypogonadismus

Medikamente mit erhöhter Sturzgefahr

  • Benzodiazepine
  • Neuroleptika
  • Vasodilatoren (z.B. alpha-1-Blocker, Calciumantagonisten, langwirksame Nitrate, ACE-Hemmer, AT1-Blocker) bei gleichzeitigen symptomatischen orthostatischen Hypotonien
  • Z-Substanzen (z.B. Zolpidem, Zopiclon)

Analgetika

  • Orale oder transdermale starkwirksame Opiate als Mittel der ersten Wahl für leichte Schmerzen
  • Opiate ohne Laxantien
  • Langwirksame Opiate ohne akut-wirksame Bedarfsanalgetika

Anticholinergika/Muskarinrezeptorantagonisten

  • Zwei oder mehr Anticholinergika/Muskarinrezeptorantagonisten gleichzeitig (Spasmolytika, Trizyklika, Antihistaminika der 1. Generation)

Gastroenterologie 2014

Hepatitis C Virus Infektion

Eine Zusammenfassung der Therapieempfehlungen der Leitlinie der DGVS zur chronischen Hepatitis C Infektion (10/14):

  • Therapieindikation bei Diagnose

Genotyp 1

  • Sofosbuvir + Ribavirin + PEG-Interferon für 12 Wochen (Ib / IIb / V)
  • Sofosbuvir ± Ribavirin + Simeprevir für 12 Wochen bei Interferon-Unverträglichkeit / Kontraindikation (IIb)
  • Sofosbuvir ± Ribavirin + Daclatasvir für 12 – 24 Wochen (IIb / V)

Genotyp 2

  • Sofosbuvir + Ribavirin für 12 Wochen (Ib)

Genotyp 3

  • Sofosbuvir + Ribavirin + PEG-Interferon für 12 Wochen (IIb)
  • Sofosbuvir + Ribavirin für 24 Wochen (Ib)
  • Sofosbuvir + Ribavirin + Daclatasvir für 24 Wochen bei Leberzirrhose (V)

Genotyp 4

  • Sofosbuvir + Ribavirin + PEG-Interferon für 12 Wochen (Ib / V)
  • Sofosbuvir ± Ribavirin + Simeprevir für 12 Wochen bei Interferon-Unverträglichkeit / Kontraindikation (V)
  • Sofosbuvir ± Ribavirin + Daclatasvier für 12 – 24 Wochen (V)
  • Simeprevir + Ribavirin + PEG-Interferon für 24 Wochen (Ib)

Genotyp 5/6

  • Sofosbuvir + Ribavirin + PEG-Interferon für 12 Wochen (Ib)
  • Sofosbuvir + Ribavirin für 12 – 24 Wochen bei Interferon-Unverträglichkeit / Kontraindikation (V)

Leberzirrhose

Unter nicht-selektiver ß-Blockade wurde nach einer spontan bakteriellen Peritonitis häufiger ein hepatorenales Syndrom beobachtet (Mandorfer et al., Internisten Update 2014 Prof. Dr. J. Pohl), die Mortalität war erhöht. Eine ß-Blocker Therapie bei Patienten mit fortgeschrittener Leberzirrhose ohne SBP zeigte eine reduzierte Mortalität.

Kardiologie 2014

Die Zusammenfassung der Vorträge von Herrn Professor Haude und Herrn Professor Klein vom Internisten Update 2014:

Myokardrevaskularisation

  • Nach der neuen ESC-Leitlinie zur Myokardrevaskularisation hat sich die empfohlene Therapiedauer der dualen Plättchenhemmung auf 6 Monate reduziert bei Patienten nach einer elektiven Untersuchung nach Implantation von Drug-Eluting Stents (DES). Eine Angina pectoris wird weiterhin mit Clopidogrel und ASS nach Stentimplantation behandelt. Bei hohem Blutungsrisiko kann die Dauer der DAPT (duale Thrombozytenaggregationshemmung) auch auf unter 6 Monate reduziert werden (>3 Monate). Unter hohem Stentthromboserisiko wird weiterhin eine längere (individualisierte) DAPT empfohlen.
  • Nach NSTEMI / STEMI und PTCA weiterhin Ticagrelor oder Prasugrel mit ASS und 12 Monate Therapiedauer.
  • Sollte eine Indikation für eine Triple Therapie vorliegen (Orale Antikoagulation + DAPT) wird bei einem HAS-BLED-Score < 2 ein Drug-Eluting Stent empfohlen. Das Regime ist hierbei nach einem akuten Koronarsyndrom ASS+Clopidogrel+OAK für 6 Monate, dann OAK+Clopidogrel oder ASS bis Monat 12.
  • Ist der HAS-BLED-Score > 3, dann 1 Monat Triple-Therapie und 11 Monate OAK+ASS oder Clopidogrel unabhängig ob ACS oder nach stabiler KHK. Ist das Risiko einer Stentthrombose gering, kann auch initial mit Clopidogrel + OAK behandelt werden.
  • ASS + Clopidogrel und 2×2,5 mg Rivaroxaban bekommt den Empfehlungsgrad IIb bei niedrigem Blutungsrisiko bei ausgewählten(?) Patienten.
  • Die Sekundärprophylaxe bei einer EF < 35% sollte ab einer Herzinsuffizienz NYHA II trotz Standardtherapie einen Aldosteronantagonisten und ggfs. Ivabradin bei einer weiter erhöhten mittleren Herzfrequenz von > 70/min umfassen.

Lungenembolie

ESC-Leitlinie Lungenembolie 2014

  • Die Einschätzung der Vortestwahrscheinlichkeit für eine Lungenembolie wird durch den vereinfachten Wells-Score erleichtert (für jeden Risikofaktor einen Punkt, Lungenembolie wahrscheinlich bei ≥ 2 Punkten).
  • Die neuen Antikoagulantien erhalten in der ESC-Leitlinie 2014 die primäre Therapieempfehlung aufgrund ihres verminderten Blutungsrisikos bei vergleichbarem Thrombembolieschutz gegenüber den Vitamin-K Antagonisten. Patienten mit einer aktiven Malignomerkrankung sollten weiterhin mit Niedermolekularem Heparin für 3-6 Monate therapiert werden.
  • Liegen Kontraindikationen für eine orale Antikoagulation vor bzw. treten unter OAK Rezidive auf, so können Vena cava Filter in Erwägung gezogen werden.

Aortenerkrankungen

ESC-Leitlinie Aortenklappenerkrankungen 2014

  • Auch bei der Aortendissektion gilt bei niedriger Vortestwahrscheinlichkeit ein negatives D-Dimer als Ausschlusskriterium entsprechend der Leitlinie.
  • Screening auf abdominelles Aortenaneurysma (AAA) mit Sonografie bei Männern > 65 Jahre, bei Frauen > 65 Jahre bei Nikotinabusus.
  • Verlaufskontrolle AAA 25-29 mm alle 4 Jahre, 30 – 39 mm alle 3 Jahre, 40 – 44 mm alle 2 Jahre, jährlich bei ≥ 45 mm. Indikation zur Intervention (primär) bzw. OP bei fehlenden weiteren Risikofaktoren bei Durchmesser > 55 mm oder Größenzunahme ≥ 10 mm/Jahr.

Vorhofflimmern

  • Die CRYSTAL-AF Studie hat bei Patienten mit kryptogenem Schlaganfall den Einfluss einer Eventrecorder Implantation auf das Rezidivrisiko untersucht. Bei einem mittleren CHADS-Score von nur 2-3 zeigte sich ein Absinken der Rezidivquote von 9,1 % auf 7,1 % über einen Zeitraum von einem Jahr (NNT=50) durch die Eventrecorderimplantation mit entsprechend häufigerer Detektion von Vorhofflimmern von mindestens 30 Sekunden Dauer und mit dann folgender Einleitung einer oralen Antikoagulation.
  • Mit der ENGAGE-AF-TIMI 48 sind die Daten zu Edoxaban als viertem neuen oralen Antikoagulans verfügbar, ebenso wie bei den anderen NOAK’s zeigt sich eine etwas höhere Effektivität der 60 mg Dosierung im Vergleich zu Warfarin bei leicht reduziertem Blutungsrisiko. Die neuen Antikoagulanzien zeigen in einer Metaanalyse eine erhöhte Rate an gastrointestinalen Blutungen bei verbessertem Risikoprofil für Schlaganfälle, Gesamtmortalität und andere schwere Blutungen.
  • Shah et al. haben keinen Vorteil einer Warfarin-Therapie bei Patienten mit Vorhofflimmern unter Hämodialyse finden können, die Blutungsrate war unter Warfarin dabei erwartungsgemäß signifikant erhöht.

Herzinsuffizienz

  • Die PARADIGM-HF untersuchte 2×20 mg Enalapril gegen 2×160 mg Valsartan + 40 mg Sacubitril, einem Neprilysin Inhibitor. Es konnte eine absolute Risikoreduktion von 1,8% in der Gesamtmoralität nach 27 Monaten beobachtet werden (NNT=55). In der Sacubitril-Gruppe war dabei der mittlere Blutdruck um 3,2 mmHg niedriger, der Vorteil blieb auch nach rechnerischer Adjustierung für die Sacubitril/Valsartan Gruppe erhalten.
  • Bei einer Herzinsuffizienz NYHA II – III mit einer EF ≤ 45 % sowie einem Ferritin < 100 ng oder einem Ferritin < 300 ng mit einer Transferrinsättigung < 20% zeigte in der CONFIRM-HF Studie die intravenöse Substitution mit Eisencarboxymaltose eine Verbesserung der 6 Minuten Gehstrecke sowie eine verminderte Hospitalisationsrate (ARR von 12%, NNT=8 über 12 Monate).
  • Die Langzeit-Daten der MADIT-CRT Studie zeigten ausschließlich einen Vorteil für Patienten mit LSB-Konfiguration  (QRS-Dauer ≥ 130 msec, NYHA I-II, EF ≤ 30%) für ein CRT-D im Vergleich zu einem alleinigem ICD (NNT=9 über 7 Jahre).

Diabetologie 2014

Aus dem Script von Herrn Professor Spranger vom Internisten Update 2014 die persönliche Zusammenfassung:

Orale Antidiabetika

Die DPP4-Inhibitoren sind in den letzten Jahren als neue Substanzgruppe zur Diabetestherapie dazugekommen. Auch bei fortgeschrittener Niereninsuffizienz bieten sie eine Möglichkeit der oralen Diabetestherapie.  Vorteil ist die fehlende Gewichtszunahme und die verminderte Hypoglykämierate. Leider kann bisher kein positiver Effekt auf die makro – oder mikrovaskuläre Komplikationsrate nachgewiesen werden. In der SAVOR-TIMI-Studie zeigte sich eine statistisch signifikant erhöhte Hospitalisationsrate aufgrund von Herzinsuffizienz (NNH = 143 / 2,1 Jahre, p = 0,007) unter 11 untersuchten Endpunkten (alpha-Fehler?).

Bariatrische Chirurgie

Bei adipösen Patienten (BMI im Mittel 36 kg/m²) in jüngerem Alter (im Mittel 48 Jahre) mit einem Ausgangs-HbA1c von im Mittel 9,3% zeigte sich nach 3 Jahren nach Schlauchmagen oder Magenbypass eine Gewichtsreduktion von 21% bzw. 24% gegenüber 8% in der Medikamenten-Gruppe (STAMPEDE-Studie). Der HbA1c war < 6% in der Magenbypass Gruppe bei 38%, nach Schlauchmagen bei 24% gegenüber 5% in der Vergleichsgruppe.